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der Schwabe

Haben Menschen beim Begaffen von Katastrophen einen Lustgewinn?

Im niederbayerischen Hochwasser-Katastrophen-Gebiet sind anscheinend erste Gaffer bereits in der vergangenen Nacht eingetroffen. Sie scheuen auch nicht davor zurück, Hubschrauber-Rettungseinsätze mit Drohnen zu behindern, nur um an spektakuläre Videos zu kommen. Siehe u.a. http://www.sueddeutsche.de/bayern/unwetter-fuenftes-todesopfer-geborgen-gaffer-bereiten-probleme-im-katastrophengebiet-1.3016474. Was treibt Menschen dazu, derartige geradezu Menschen verachtende Aktionen zu unternehmen? Was ist im Gehirn dafür verantwortlich, dass bei manchem Zeitgenossen (auch bei schweren Verkehrunfällen in jüngster Zeit verstärkt zu beobachten) jegliches humane Denken abgeschaltet wird? Gibt es dafür eine Erklärung in der Psychologie oder ist die Gehirnchemie dafür verantwortlich?
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Antworten (8)
Cordelier
Ja, nennt man "Sensationsgier".
Wie auf dem Jahrmarkt, je abgefahrener die Fahrgeschäfte desto besser, und wenn dann noch einer seine Brille oder andere Sachen verliert oder sogar aus dem Sitz geschleudert wird haben sich die 5€ schon gelohnt.
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der Schwabe
Dass man dies unter anderem Sensationsgier nennt, ist mir durchaus bekannt. Mich interessiert, was ist der Auslöser, die Triebfeder, der Mechanismus dahinter?
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der Schwabe
@Amos: wenn ein derartiges Verhalten auf einem Urtrieb beruht, auf welchem? Lebens- oder Todestrieb, eigentlich kaum vorstellbar, oder? Genuß, Sexualität, Hunger, Ruhe, Sicherheit und Angst??? Anerkennung, nach dem Motto: Schaut oder hört her, ich war da dabei, könnte sein. Aber auch hier stellt sich die Frage, was ist der Auslöser, der Mechanismus, dass es für ein derartiges Verhalten Anerkennung erwartet, bzw. gezollt wird.
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Cordelier
@derSchwabe
vllt ist es auch der Reiz andere Menschen Leiden zu sehen womit man sich selbst nicht zu identifizieren muß sondern nur als dritter daneben steht, oder auch etwas schlimmes mal gesehen zu haben um in späteren Situationen darauf zurück greifen kann um Hilfe zu leisten.
Unser Gehirn ist unglaublich fein strucktuiert, da werden Entscheidungen in Millisekunden getroffen, und je mehr Info desto mehr Möglichkeiten der Reaktion.
Dazu gehören ebend auch Katastrophen, Unfälle und menschliche Tragödien.
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Panther
Amos,
ich freue mich, dass du nun, nachdem ich es dir beigebracht habe, "Sigmund" richtig schreibst.
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Fragefuchs
Es hat wahrscheinlich teilweise mit Erleichterung zu tun. Während Menschen dabei zusehen, wie anderen Schreckliches zustößt, haben Gaffer das beruhigende Gefühl: Mich hat es nicht erwischt! Sozusagen ein Endorphinschub auf Kosten anderer.
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StechusKaktus
Ich denke, du vermischst hier etwas: zum einen das Interesse der Menschen an Naturschauspielen. Es ist interessant, die Naturgewalten live zu erleben und daran gibt es auch nichts Anstößiges. So dürfen die Menschen gerne den Rheinfall besichtigen, ohne sich als Gaffer bezeichnen lassen zu müssen. Und ja, auch ich habe schon einmal einen kleinen Fußweg gemacht, um zu sehen, wie hoch das Wasser am Fluss steht und welche Atmosphäre dort herrscht. Bei alldem sehe ich keinen Grund für Beschimpfungen. Die nächste Stufe ist der Autobahnunfall, wo ich häufig den Eindruck habe, dass Autofahrer aus der Wartezeit im Stau das Recht ableiten, selbst auch etwas gucken zu dürfen (und damit die nachfolgenden aufhalten). Ärgerlich, aber auch noch unkritisch. Schlimm wird es, wenn Rettungsarbeiten behindert werden: das fängt an beim Krankenwagen, dem keinen Platz gemacht wird und hört auf bei Katastrophen, bei denen Rettungstrupps in ihrer Arbeit behindert werden. Diese Menschen sind frei von jeglicher Empathie und so narzistisch veranlagt, dass viele von ihnen auf Nachfrage angeben würden, dass sie ihr furchtbares Verhalten gar nicht gemerkt haben.
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bh_roth
Ich sehe eine Erklärung im Vorhandensein von Facebook, Instagram, YouTube und ähnlichem. Heute ist es leider modern, "tolle" Bilder und Videos schnell zu posten, um möglichst viele Zugriffe zu erzielen. Viele Klicks zu haben ist heute etwas erstrebenswertes, was den einen I-Netjunki vom anderen abhebt.
Ich hätte übrigens keine Bedenken gehabt, mit meinem Dienst-Hubschrauber eine Spielzeugdrohne zu schreddern. Die Titankante "meiner" Rotorblätter haben schon cm-dicke Äste und Rebhühner geschreddert, ohne Beschädigungen. Warum nicht auch mal eine Drohne.
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