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Was bedeutet qualitative Forschung und was zeichnet sie aus?

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Antworten (7)
bifu70
Ich erläutere es am Beispiel: Ich will wissen, welche Bedingungen es braucht, damit sich Jugendliche am politischen Geschehen in ihrer Stadt beteiligen. Mit quantitativen, statistischen Methoden komme ich hier nicht weiter, weil ich mit ihnen nur erfasse, was ich abfrage. Wonach ich nicht frage, Vermutungen, die ich nicht vorher schon hatte, darüber werde ich nichts erfahren. Quantitativ vorzugehen heißt hier beispielsweise, offene, den Anderen erzählen lassende Interviews mit jenen zu führen, die etwas zum Thema sagen könnten: mit Jugendlichen, mit Vertretern des Jugendrates, mit Politikern usw. Erst im Laufe des Auswertungsprozesses komme ich dann zu meinen Kategorien, etwa wenn bestimmte Aspekte in mehreren Erzählungen auftauchen. So kann ich auch Aspekte entdecken, auf die ich nie gekommen wäre. Oft, nicht immer schließt sich eine gezielte statistische Überprüfung einzelner Aspekte in einer neuen Studie dann an.
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bifu70
Lieblingsbeispiel qualitativer Forscher ist die Geschichte vom Storch und den Babys: Ist es wirklich der Klapperstorch, der die Babys bringt? Wollte ich dies statistisch (quantitativ) überprüfen, würde ich mir die Zahl der Storche und die Zahl der Geburten in verschiedenen Regionen besorgen und sie einander gegenüber stellen. Und tatsächlich: Wo viele Kinder geboren werden, leben auch mehr Storche als anderswo! Also habe ich eine Korrelation gemessen, also muss die Hypothese stimmen.
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bifu70
Oder doch nicht? Korrelation ist nicht Kausalität. Dass zwei Faktoren zeitgleich auftreten, sagt noch nichts darüber aus, ob sie kausal zusammenhängen. Wenn du hingegen in einer qualitativen Studie offen an die Frage mit den Babys heran trittst und Mütter, Väter, Vogelkundler interviewst, wirst du schnell erfahren, dass der Storch als Lieferant quatsch ist. Tatsächlich fühlen sich Storche in ländlichen Gebieten wohl, und auf dem Land ist häufig die Geburtenrate höher. Die ländlichen Verhältnisse sind also der Grund sowohl für das Auftreten von Störchen und Babys. Es gibt jedoch keinen kausalen Zusammenhang unmittelbar zwischen beiden.
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bifu70
KORREKTUR: In meinem ersten Beitrag muss es natürlich in der Mitte des Textes qualitativ statt quantitativ heißen. Tschuldigung.
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MeisterGunni7
Das Besondere an der qualitativen Forschung ist, dass sie sich nicht, oder zumindest nicht ausschließlich auf Zahlen fixiert, sondern nicht standarisierte Fragestellungen aufweist. Diese Art der Forschung ist immer dann besonders sinnvoll, wenn nicht reine Statistiken und Zahlen interessant sind, sondern auch Hintergründe und Zusammenhänge hinterfragt werden sollen. Besonders in psychologischen Themen wird diese Art der Forschung sehr gerne angewandt.
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J.S.Ball
Man kann Forschung entweder qualitativ oder quantitativ betreiben. Oft ist es sinnvoll, für die Bearbeitung einer Fragestellung beide Ansätze sich gegenseitig ergänzend einzusetzen. Bei der quantitativen Forschung geht es darum, die zahlenmäßige Ausprägung eines bestimmten Merkmals zu erfassen. Zum Beispiel, wie viel Prozent der (befragten) Menschen haben Angst vor Spinnen.
Bei der qualitativen Forschung geht es auch um subjektive Merkmale. Am Beispiel interessiert hier auch oder vor allem, warum verschiedene Menschen Angst haben und wie sich das ausprägt.
In der qualitativen Forschung werden Antworten sprachlich beschrieben. Methodisch sind hier Gespräche und Beobachtungen üblich. Diese Form eignet sich gut, um Zusammenhänge und Prozesse zu untersuchen. Für quantitative Aufnahmen sind dagegen zum Beispiel Fragestellungen üblich, wie "Beschreiben Sie von 1-10 wie sehr diese Eigenschaft zutrifft."
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Evamann1982
Qualitative Forschung ist Forschung, die nicht rein auf statistische oder empirische Inhalte setzt, sondern auch individuelle, sehr spezielle Ergebnisse auswertet. Bei einer wissenschaftlichen Befragung zum Beispiel, sind meistens mehrere Antworten zur Auswahl möglich, damit man dann hinterher auswerten kann, wie oft von verschiedenen Menschen die gleiche Antwort gegeben wurde. Fragt man stattdessen "offen", also zum Beispiel "Was denken sie über Thema XY?", dann ist das Ergebnis in der Regel ein qualitatives, da wohl bei einer solchen Frage nie mehrere Menschen ide exakt gleiche Antwort geben würden.
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