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StechusKaktus

Hartes Urteil?

Beate Zschäpe hat lebenslänglich erhalten. Sie war Mitwisserin, hat die abscheulichen Morde mutmasslich gutgeheissen und womöglich sogar die Täter dazu angestachelt. Dennoch war sie bei keinem der Morde dabei und es konnte ihr kaum etwas nachgewiesen werden.

Hat sie hier einen "Strafaufschlag" erhalten, den eigentlich die Ermittlungsbehörden und der Verfassungsschutz verdient haben?

Hat hier der Rechtsstaat versagt, weil durch die stümperhafte Arbeit der Behörden, die an Aufklärungssabotage grenzen, viele der Morde erst möglich wurden?

Wie seht ihr das?
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Antworten (22)
wokk
Ich glaube kaum, dass der "Staat" stümperlich gehandelt hat.
Schliesslich wurden eine gewisse Menge an Documenten vernichtet, weil man davon ausging, dass diese "nicht mehr gebraucht" würden!
Andere Documente wurden bis 2031 (?) unter Verschluss gestellt - Staatsgeheimnis.
Wer ist der Staat? Kann man nicht mal Angela bitten, sich diese Documente mal anzuschauen?
Ich denke, dass da sehr viel verschleiert wurde . . .
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dschinn
Zu viele Ungereimtheiten, zu viele tote Zeugen, zu viel Schweigen, zu viele Fragen die nie geklärt werden.

Das hat die Bea Pech gehabt, in die Feuerlinie zu geraten.
Sie wird über 65 sein wenn sie rauskommt und einen Rentenanspruch haben, der lächerlich ist.

Ob das angemessen ist... mag ich nicht wirklich beurteilen... zu wenig Info eben.

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Sgt_Hartman
dschinn hat eigentlich alles geschrieben.

Die Prozess ist und bleibt unvollendet weil er wegen der drohenden Pensionierung des Richters beendet werden musste.

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bh_roth
In meinen Augen absolut gerechtes Urteil, besonders die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Mir ist übrigens ziemlich wurscht, was die Frau für Rentenansprüche hat, wenn sie in 25 Jahren aus dem Knast kommt. Das wäre dann nach meiner Einäscherung (statistisches Lebensalter bei Männern vorausgesetzt).
Ich teile übrigens (mal wieder) nicht die Ansicht von Opal, dass der Prozess deshalb beendet werden musste, weil die Pensionierung eines Richters drohte. Im Gegenteil: Er hat damit, dass er allen Beweisanträgen nachgekommen ist, die Verhandlung in die Länge gezogen. Dabei ist das Erreichen des Pensionsaltern untergeordnet, er wäre eh bis zum Abschluss in Amt und Würden geblieben.
Und dass er allen Beweisanträgen Rechnung getragen hat, liegt darin, dass er vermeiden wollte, dass durch einen juristischen Fehler (Verfahrensfehler) der Prozess neu beginnen muss. Alles richtig gemacht, der alte Mann!
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Matthew
Ich schließe mich bh_roth an.
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Sgt_Hartman
lieber bh und lieber Matthew. Diese Geschichte wird wie die der RAF niemals beendet sein.

Weil ebend so viele Geheimorganisationen des Staatsschutzes und Nachrichtendiensten drin verwickelt sind.

Vllt. waren die "Drei" auch nur Marionetten?

Auch diese Frage wird nie beantwortet werden.
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Cheru
Lebenslang (= mind. 15 Jahre) ist schon recht hart.

Die Verurteilung konnte nur als Mittäterin erfolgen, denn Mitwisserschaft, das Gutheißen der Tat und selbst eine totale Begeisterung über die Verbrechen wären nicht strafbar.

Dafür, dass der Verurteilten an keiner Tat eine direkte Beteilung nachweisbar war, ist das Urteil schon bemerkenswert.

Vor diesem Hintergrund soll die Verurteilte auch nach 15 Jahren keinesfalls einfach so freikommen können, denn es könnte weiterhin eine Gefahr von ihr ausgehen. Das bedeutet nämlich die Feststellung der "besonderen Schwere der Schuld".

Und das finde ich arg bedenklich: Das riecht nach Rache und nicht nach Recht. Man mag das gut und angemessen finden, rechtlich korrekt erscheint es zumindest auf Anhieb nicht.
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StechusKaktus
Kleine Ergänzung, weil hier wegen der Haftdauer und dem Austrittsalter etwas durcheinander zu gehen scheint:

Die "besondere Schwere" der Schuld führt dazu, dass sich BZ kaum Hoffnung darauf machen kann, vor Ablauf der 15 Jahre entlassen zu werden. Dann ist sie 51, weil sie ja schon 7 Jahre in Untersuchungshaft sitzt. Diese Zeit wird angerechnet.
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Matthew
Ich kann da keine Rache erkennen.
Das Verfahren ist sehr sorgfältig und ausführlich geführt worden. Deshalb hat es auch so lange gedauert. Dabei sind, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 500 Zeugen befragt und rund 100.000 Seiten Akten gewälzt worden.
Um zu glauben, das Urteil auf Grundlage von ein paar Presse-Artikeln kritisieren zu können, muss man schon sehr von sich überzeugt sein.
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Zombijaeger
Das Urteil ist nicht zu hart. Wenn man Mitglied einer Terrororganisation ist, deren Ziel es ist, Leute umzubringen, dann gilt: Mitgehangen, Mitgefangen.
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Cheru
Die "besondere Schwere der Schuld" soll bewirken, dass nach 15 Jahren geprüft werden muss, ob ein Verurteilter nicht mehr gefährlich ist. Z.B. weil die Tat(en) besonders brutal oder sadistisch waren oder es Massenmord war o.ä.

Trifft das wirklich hier zu? War und ist die Tante besonders gefährlich? Ist sie bei ihren Taten besonders brutal oder sadistisch vorgegangen?

Nichts davon war ihr nachweisbar und deshalb erscheint mir die "besondere Schwere" ihrer "Schuld" rechtlich nicht haltbar. Und wenn es nicht Recht ist, was ist es dann?

Die lebenslange Haft als Mittäterin bei Morden ist hingegen obligatorisch.
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dschinn
Die Revision wird zeigen, ob die besondere Schwere gegeben ist.
(Falls ja, bleibe ich bei meiner Schätzung von über 65 Jahren bei Beate.)
Da kommen dann noch mal 10 Jahre drauf und danach wird man erst über Bewährung palabern.

Wetten Das?
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elfigy
Jeder Tatbeitrag, auch Zustimmung, Vorbereitungen und Unterstützung ist Mittäterschaft. Auch Beihilfe durch Unterlassung (z.b. einer Anzeige) gibt es. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beitrag für die Tat wesentlich war. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass in eigener Person ein objektives Tatbestandsmerkmal verwirklicht wird. Man kann ihr in einem Fall das Ausspionieren der Örtlichkeit nachweisen. Sie kannte die in der gemeinsamen Wohnung hergestellten Bekennervideos. Niemand kann sich vorstellen, dass sie nichts von den Morden wußte, so wie sie es darstellte. Und wer bei diesen Taten eine besonders schwere Schuld nicht sieht, dem ist nicht zu helfen. Dazu kommt noch, sie hat hartnäckig geschwiegen und nichts zur Aufklärung beigetragen. Deshalb muß man vermuten, dass sie sich immer noch nicht von den Morden und der NS Szene distanziert.
Es zählt das Gesamtgeschehen.
Das kam auch bei den Urteilen in den NS Prozessen gegen das Wachpersonal, das nicht unmittelbar bei den Tötungen beteiligt war, so zum tragen.
Es gab in dem Prozess sehr viele Beweisherhebungen, die wir nicht kennen. Das Gericht ist ja nicht doof. Die kennen das Gesetz und die gängige Rechtssprechung.
Ich finde das Urteil angemessen und wie lange die im Knast verschimmelt, ist mir egal.

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Lion-19
Hier hätten noch ein paar andere Leute auf die Anklagebank gehört: der Verfassungsschützer, der von der Explosion im Nebenraum nichts mitbekommen haben will, die ‟Aktenvernichter“, die Verantwortlichen der Ermittlungsbehörden, die einäugig auf den Angehörigen der Ermordeten herumgehackt haben, sie gar der Mitgliedschaft in der Mafia verdächtigt haben und die ganz Dummen, die bar jeder Logik monatelang dem Wattestäbchen-Phantom nachgejagt sind.
Hätten sie alle ihren Job richtig gemacht, in alle Richtungen ermittelt, dann hätte man sicher noch einige Leben retten können.
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Zombijaeger
Dummheit ist aber nicht strafbar.
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DerDoofe
Urteil lebenslänglich: Dauer der Haft mindestens 15 Jahre. Danach Möglichkeit auf Begnadigung auf Antrag.

Urteil lebenslänglich mit besonderer Schwere der Schuld: Mindesthaftdauer 20 Jahre. Erst danach Möglichkeit auf Begnadigung auf Antrag.

Mal ganz nebenbei: Es gibt in Deutschland kein Recht auf Begnadigung! Und deshalb gibt es in deutschen Haftanstalten Häftlinge, die schon eine Haftdauer von 30, 40 Jahren abgesessen haben. Der derzeitige ‚Rekordhalter’ sitzt bereits seit mehr als 50 Jahren ein.

Eine Prozessdauer von 5 Jahren verstößt gegen das Grundgesetz. Was weiß das Gericht heute, was es nicht vor 5 Jahren schon hätte wissen können?

Jedes andere Urteil hätte in der Öffentlichkeit zu einem Aufschrei der Entrüstung geführt. Man darf gespannt sein, wie der Europäische Gerichtshof entscheiden wird.
Es wird dauern ...
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StechusKaktus
"Dummheit ist strafbar".

Zur Erinnerung ein Ausschnitt aus der Berliner Morgenpost:

"...Denn die Ermittler hätten die Rechtsterroristen, nachdem sie 1998 in den Untergrund abgetaucht waren, schon ergreifen müssen, bevor sie im Jahr 2000 mit dem Morden begannen. Chancen hatten sie genug. Die Enthüllungen von Journalisten, vor allem aber die Ermittlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages haben die Schlampereien und das Versagen von Verfassungsschutz und Polizei unwiderlegbar bewiesen.


Nun führt eine der vielen Spuren des behördlichen Versagens nach Berlin. Nach einem Fahndungsaufruf im Mai 2000 berichtete ein Polizist, die gesuchte Beate Zschäpe am Tag der Ausstrahlung des Aufrufs in einem Biergarten in Prenzlauer Berg gesehen zu haben. Die Aussage war glaubhaft – zumal er auch Zschäpes NSU-Gefährten Uwe Mundlos identifizierte.

Warum aber leitete die Thüringer Polizei danach keine Großfahndung ein? Warum bat sie die Berliner Kollegen nicht, den Biergarten zu observieren, um Zschäpe und Mundlos bei einem weiteren möglichen Besuch festzunehmen? Warum versuchte sie nicht intensiver, die Begleiter der Neonazis zu identifizieren? Warum nahm niemand Kontaktpersonen aus der Berliner Neonazi-Szene ins Visier, bei denen Zschäpe und Mundlos hätten übernachten können? Die Akten geben keinen Aufschluss. Sie zeigen nur: Die Beamten machten (fast) nichts.
..."

Es wäre sicher zu weit gegriffen zu behaupten, dass die Täter das Verhalten der Behörden als Ermunterung zu ihren Taten auffassen konnten. Und dass Teile der Behörden durch Unterlassen faktisch Teil der terroristischen Vereinigung wurden.

Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass die Täter das Verhalten der Behörden sehr genau zur Kenntnis genommen haben und davon eine gewisse Duldung ableiteten. Natürlich zu Unrecht, aber bei den Tätern handelte es sich ja auch um bekloppte Idioten.
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elfigy
In diesem Prozess ging es um die Schuld der Angeklagten.
Um sonst nichts.
Anklage gegen den Verfassungsschutz, die Polizei und die Innenbehörden waren nicht Prozessgegenstand. Deren Verhalten mindert nicht die Schuld an dem Morden.


Das Versagen und die Schlampereien der Behörden ist ein anderes Thema und damit wird man sich noch lange befassen müssen.
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hphersel
Lieber bh_roth,
im Wesentlich teile ich Deine Einschätzung, ABER:

Jeder Angeklagte hat das Recht zu schweigen. Da der Staat in einem Strafrechtsverfahren die Aufgabe hat, dem Angeklagten die Tat nachzuweisen, muss der Angeklagte nicht dabei auch noch helfen. BZ hat von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht - und das darf bei der Strafzumessung nicht gegen sie verwendet werden, im Gegensatz zu zu dem, was du in deinem letzten Beitrag hier andeutest.
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hphersel
sorry. Meine Anmerkung galt elfi und nicht bh_roth...
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Skorti
@hphersel
Natürlich ist niemand gezwungen eine Aussage zu machen und sich selbst zu belasten.
Dennoch wirkt ein Geständnis und ein Bereuen der Taten, inklusive einer Abbitte an die Opfer, strafmildernd, da hier eine Einsicht anerkannt wird.

Findet das nicht statt, kann der Richter von einer Reduzierung der maximalen Haftstrafe absehen. Es wirkt somit strafverschärfend.
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Skorti
Rein rechtlich handelt es sich natürlich nicht um eine Strafverschärfung des Urteils, aber um eine "nicht Strafmilderung" wobei dann gerne der mögliche Strafrahmen voll ausgeschöpft wird.
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